30. Kölner Island-Kolloquium (29.11.2003)

  • Botschafter von Island, S. E. Jón Egill Egilsson, Berlin:
    „1. Dezember 1918: Geburt des Nationalstaates Island“
  • Frank-Ulrich Schmidt, Soltau:
    „Islands Vogelwelt – Europäer oder Amerikaner?“
  • Hartmut Wolf, Künstlername Lupus, Hamburg:
    „Die erste lutherische Kirche von Hanseaten in Hannenfjord“
  • Gerður Gunnarsdóttir, Rösrath, und Hanno Rheineck, Troisdorf:
    Geigenspiel und Gesang mit Interview-Einlagen

Leitung: Sverrir Schopka 

Informationen zum Programm

Das 30. Kölner ISLAND-Kolloquium findet statt am Samstag, den 29. November 2003, von 09.45 Uhr bis ca. 16.30 Uhr im Mercure Hotel Severinshof, Raum Liége-Kyoto, Severinstraße 199, 50676 Köln, Tel.: 0221/20 13-0

 

09.45 Uhr Begrüßung durch den Präsidenten der Gesellschaft,
Prof. Dr. Gert Kreutzer

10.00 Uhr Botschafter von Island, S. E. Jón Egill Egilsson (Berlin):
1. Dezember 1918: Geburt des Nationalstaates Island

Jón Egill Egilsson, geb. 1945, erhielt seine Ausbildung zum Lehrer an der Hochschule für Lehrerbildung in Reykjavík. Anschließend studierte er Geschichte in Edinburg, Schottland, mit dem Abschluß Magister. Mehrere Jahre arbeitete er im isländischen Schuldienst, u.a. als Rektor der Gesamtschule in Grundarfjörður auf der Halbinsel Snæfellsnes, bevor er 1984 in den diplomatischen Dienst eintrat. 1986 wurde er als 1. Botschaftssekretär an die isländische Botschaft in Oslo berufen, wo er vier Jahre blieb. 1989 erfolgte die Ernennung zum Botschaftsrat. In den Jahren 1990 bis 1994 war er stellvertretender Leiter der Mission an der Botschaft in Washington D.C. Zurück im Aussenministerium in Reykjavík diente er im Rang eines Gesandten als Beauftragter für Sicherheitspolitik und ab 1995 bis 1998 als Direktor der Politischen Abteilung. 1996 wurde er zum Botschafter ernannt. Zwischen 1998 und 2001 übernahm er den Posten als Botschafter Islands in Russland mit Sitz in Moskau. Seitenakkredtitiert für Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldau, Turkmenistan, Usbekistan, zeichnete er auch für diese Länder verantwortlich. Seit Herbst 2001 ist Herr Egilsson Botschafter von Island in Deutschland. Ferner vertritt er Island in Polen, Kroatien und in der Schweiz.

Hintergründe zum Vortrag: Seit 874 ist Island ständig besiedelt. Mit der Errichtung des Althingis in Thingvellir im Jahr 930 erfolgte die erste Staatsgründung. 1262-1264 kam das Land unter die norwegische Krone. Mit der Vereinigung der Königreiche Dänemarks und Norwegens im Jahre 1380 wurden Island und Norwegen fortan unter dänischer Herrschaft regiert. Im Laufe der Jahrhunderte wuchs die Sehnsucht der Isländer nach dem "Goldenen Zeitalter". So wurde die Zeit der ersten 300 Jahre der Besiedelung des Landes genannt. Seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts hatte sich der Nationalismus in Europa ausgebreitet und fand nun Gehör bei den Befürwortern einer nationalen Identität. An der Spitze dieser Bewegung stand Jón Sigurðsson (1811-1879), der fast 40 Jahre lang für das Verfassungsrecht des Landes kämpfte, ein charismatischer Führer, der auch Kontakt zu ausländischen Rechtsexperten hielt, z.B. zu Konrad Maurer in München, der den Isländern wohlgesonnen war.

Als Ergebnis dieser Bestrebungen wurde das isländische Parlament Althingi 1843 wieder konstituiert und traf in Reykjavík 1845 erstmalig zusammmen. Anlässlich des tausendjährigen Bestehens der Besiedelung Islands im Jahr 1874 übergab der König von Dänemark den Isländern eine eigene Verfassung. Dem Althingi wurde eine Gesetzgebungskompetenz eingeräumt und erlaubte dem Parlament eine begrenzte Selbstverwaltung, verbunden mit der Ernennung Hannes Hafstein (1861-1922), einem Dichter, zum ersten isländischen Minister, mit Sitz in Island und verantwortlich gegenüber dem Althingi.

Am 1. Dezember 1918 nimmt Island mit der Gründung eines souveränen Staates sein Schicksal in die eigene Hand. Der Vortrag befasst sich mit diesen ausserordentlichen Ereignissen, die den Grundstein der jüngeren isländischen Geschichte vor 85 Jahren gelegt haben. Er befasst sich auch mit der Frage, warum heute dieses wichtige Datum nicht zum offiziellen Feiertag ernannt und von vielen sogar vergessen wurde.

 

11.00 Uhr Frank-Ulrich Schmidt (Soltau):
Islands Vogelwelt – Europäer oder Amerikaner?

Für Frank-Ulrich Schmidt, geboren 1952 in Northeim (Süd-Niedersachsen), sind die Vögel mehr als nur Hobby. Seit 1966 beobachtet und kartiert er die einheimische Vogelwelt und arbeitet seit langem an nationalen wie internationalen monitoring-Programmen mit. Nach dem Studium in Göttingen unterrichtet er seit 1982 Biologie und Geographie am Gymnasium Soltau (Lüneburger Heide). Von 1979 bis 1991 war er als Reiseleiter für ornithologische Gruppen vor allem in arktischen Regionen unterwegs; so in Alaska Kanada Grönland Island, Svalbard, Skandinavien und Siberien. Seit 1995 ist er Vorsitzender vom Förderverein des vogelkundlichen Museums "Heineanum" (Halberstadt), als Geschäftsführer des Monitoring in Deutschland arbeitet er seit 1997 und ist auch seit dieser Zeit 2. Vorsitzender der Niedersächsischen Ornithologischen Vereinigung e. V. 1990 verfasste er einen naturkundlichen Reiseführer von Island, 2001 eine Avifauna der Lüneburger Heide und gibt seit 1994 eine eigene naturkundliche Zeitschrift heraus.

Zum Vortrag: Die Flora und Fauna von Inseln hat schon immer Wissenschaftler zu ihren Bann gezogen. Insbesondere die isolierte Lage inmitten von Ozeanen hat oftmals zu außergewöhnlichen Entwicklungen und Anpassungsstrategien geführt. Das gilt auch für die Avifauna von Island, liegt diese Insel doch 290 km von Grönland, 780 km von Großbritannien und 970 km von Norwegen entfernt. Eine waldarme Vegetation, Naturkatastrophen, wenige Insekten und anthropogen bedingte Erosionsschäden setzen der Artenvielfalt in der Vogelwelt Grenzen. Nur ca. 70 Vogelarten brüten auf Island, doch sind bis heute mehr als 330 Vogelarten beobachtet worden: 70% davon sind als sog. Irrgäste auf die Insel verdriftet worden. Zu den besonderheiten zählen drei "Nordamerikaner": Eistaucher, Spatel- und Kragenente, die nur auf Island und sonst nirgendwo in Europa brüten.

 

12.00 Uhr Mittagspause

 

14.00 Uhr Hartmut Wolf, Künstlername Lupus (Hamburg):
Die erste lutherische Kirche von Hanseaten in Hannenfjord

Kurznotizen zu formenden und fördernden Ereignissen in meinem Leben
Mitte des vorigen Jahrhunderts geboren (11.06.1947) hinein in eine ländliche Welt
Ein Kinderleben mit Tieren, in Zelten, auf Bäumen, in Gruppen, im Kasseler Kriegsschutt voll von Schabernack
Zu Zeiten der Berliner Unruhen nach Genuß der ersten CocaCola unwiderstehlicher Brechreiz bis heute
Intensive Anregungen durch die ersten Documenten in Kassel
Wege der Kunst über Kopf und Hand an der Hochschule für bildende Kunst im angenehmen Hamburg, der ältesten noch existierenden Stadtrepublik des Planeten
Wilde, unternehmerische Ökogroßprojekte bis zum 26.04.1986, Tschernobyl, dem Schlußstrich unter den spontaneren Teil der Ökobewegung
Alsdann folgen eher grüblerisch, Not-wendende aber dennoch zuversichtlich suchende Kunstprojekte
Dreißig Jahre lang Lehrender an Hamburger Gymnasien bis zum Austritt aus dem Staatsamt in 2001
Freier Bildhauer, Maler und Projektemacher, arbeite in Hamburg, auf Malta und Island und am liebsten im Freien

AUFstellungen im Öffentlichen Raum
1991 Hamburg Bergedorf Hasseaula, Hassemedaillon
2003 Hafnarfjörður, Island Steinwerk, „Gotischer Bogen“

AUFstellungen im Halböffentlichen Raum (Auszug)
1990 Hamburg Bergedorf Hassearchiv, Hassebüste
1999 Königsbronn Büste, Georg Elser, Gedenkstätte
2001 Langen Brütz Steinwerk „Wächter“ Hotel Bondzio
2003 München Hassebüste, Hassegesellschaft
2003 Hamburg, Galerie Kunststück „Weltprojekt Schluckstein“

AUFstellungen im Privaten Raum (Auszug)
1966 Kassel geometrische Skulpturengruppe
1985 Hamburg Holzwendel
1987 Hamburg Bergedorf Büste, Erich Lüth
1996 Hamburg Bergedorf Büste, Claus Brendel
2001 Reinbek Steinstele

Zum Vortrag: Im Jahre 1533 errichteten Kaufleute aus Hamburg die erste lutherische Kirche auf Island. 70 Jahre lang dienten deutsche Pfarrer an der Kirche, deren Namen die Archivarin Friederike Christiane Koch ermittelt hat. Der letzte Gottesdienst wurde im Herbst 1603 abgehalten und die Kirche 1608 abgerissen, nachdem der dänische König Christian IV. beschlossen hatte, daß alle auf Ländereien des Königs befindlichen Gebäude deutschen Eigentums zu zerschlagen seien.
Die Stadt Hafnarfjörður wünschte sich ein Denkmal zur Erinnerung an Islands erste protestantische Kirche. Mit Unterstützung der deutschen und der isländischen Botschaft, des isländischen Konsulats in Hamburg sowie Sponsoren in Hamburg und Cuxhaven sowie der Gesellschaft der Freunde Islands und der Deutsch-Isländischen Gesellschaft konnte am 18. Juni 2003 in der Nähe der früheren Kirche im Hafen ein „gotischer Bogen“ aus isländischem Basalt und deutschem Edelstahl fertiggestellt werden. Das Denkmal wurde am 1. Juli 2003 vom deutschen Bundespräsidenten Johannes Rau und dem isländischen Staatspräsidenten Ólafur Ragnar Grímsson enthüllt.
Der Künstler LUPUS wird über seine Arbeit und Erlebnisse in Island ausführlich berichten.

 

15.00 Uhr Kaffeepause

 

15.15 Uhr Gerður Gunnarsdóttir (Rösrath) und Hanno Rheineck (Troisdorf):
Geigenspiel und Gesang mit Interview-Einlagen

Gerður Gunnarsdóttir, geboren in Reykjavík, lebt heute in Rösrath

1971–1983 Geigenstudium am Sigursveinn D. Kristinsson Konservatorium in Reykjavík

1980 Meisterklasse bei Carrol Glenn, Vermont, USA

1983–1988 Geigenstudium an der Musikhochschule Köln bei Prof. Igor Ozim
Kammermusikunterricht bei Prof. Novsak und dem Amadeus Quartett

1985 Meisterklasse bei Max Rostal, Bern

1986 Meisterklasse bei Prof. Herman Krebbers, Prussia Cove

1986–1988 Konzertmeisterin des Chur Cölnischen Orchesters/Klassische Philharmonie Bonn

1988–1990 Geigenstudium am Sweelinck Conservatorium Amsterdam bei Prof. Herman Krebbers

1990 Erster Preis beim Postbank-Sweelinck Violinwettbewerb in Amsterdam

1991 Konzertexamen an der Musikhochschule Köln bei Prof. Igor Ozim

seit 1992 Vorspielerin der 1. Violinen im Gürzenich Orchester Kölner Philharmoniker

1994–1995 2. Konzertmeisterin des Isländischen Sinfonieorchesters und 1. Konzertmeisterin der Isländischen Oper

seit 1987 Konzertmeisterin des Caput Ensemble für neue Musik, Island

1993–1999 Mitglied des Consortium Classicum

1995 Gründung von „essence of north“ ECM-CD „Ýlir“

seit 1998 Mitglied in Claudio Puntin´s „Quipu“

seit 1999 1. Violine des „aperto4“ Quartetts

2000 Gründung von clap-you, Weltmusik-Ensemble

2001 Mitglied des Ensembles Contrasts in Köln

Kammerorchester:
C.O.E., The Chamber Orchestra of Europe
Ensemble Modern
Consortium Classicum
Kölner Kammerorchester
Deutsche Kammerphilharmonie
Deutsche Kammerakademie Neuss

Solistische Tätigkeit:
Mit verschiedenen Orchestern u.a. in Concertgebouw Amsterdam, Kölner Philharmonie, Beethovenhalle Bonn, Oetkerhalle Bielefeld, Halle Symphoniker, dem Isländischen Sinfonieorchester, Reykjavík Kammerorchester, CD-Einspielungen, Film- und Hörspielmusik.
Verschiedene kammermusikalische Tätigkeit in ganz Europa.

Hanno Rheineck (Moderation), geboren in Trier, heute Lehrer i.R. in Troisdorf. Seit 1972 Mitglied der Deutsch-Isländischen Gesellschaft, seit 1983 Vorstandsmitglied der DIG, zunächst bis 1990 zuständig für das Referat „Touristik“, danach für das Referat „Sport und Musik“. Umfangreiche isländische Briefmarkensammlung; zahlreiche Island-Diavorträge und regelmässige Beiträge für die Zeitschrift „ISLAND“. Auf 12 Islandreisen wurde er mehrfach von isländischen Staatspräsidenten empfangen.

Der frühere Sprinter (100 m in 10,5 s) und fünffache Senioren-Weltmeister, der in allen Erdteilen an den Start ging, nahm auch an zahlreichen Wettkämpfen in Island teil, betreut seit 1975 isländische Studenten und Sportler (darunter auch Olympiateilnehmer) und hatte vielfach isländische Sportmannschaften zu Gast, während deren Aufenthalt in der Bundesrepublik mehrere Landesrekorde in der Leichtathletik erzielt wurden.

Bei den Spielen der Kleinstaaten Europas, bei der Weltmeisterschaft 1983 in Stuttgart und der Europameisterschaft 2002 in München war Hanno Rheineck (Träger der silbernen Ehrennadel des isländischen Leichtathletikverbandes) Team- Attaché der isländischen Nationalmannschaft.

Als Organisator und Moderator war er bei zahlreichen Konzerten tätig, z.B. mit den Folkloregruppen Islandica und Vikivaki und den Solisten Sigurður Bragason sowie Arndís Halla Ásgeirsdóttir. Bei der diesjährigen Jahreshauptversammlung der DIG stellte Rheineck die Sopranisten Unnur Wilhemsen in einem ausführlichen Porträt vor (Siehe Bericht in „ISLAND“ 2/2003).

Zum Programm:

Im Interview wird Hanno Rheineck die vielseitige Künstlerin vorstellen. Im Verlauf dieses Gespräches wird Gerður Gunnarsdóttir mehrere Proben ihres Könnens geben. Sie wird isländische Volkslieder singen und spielen, dazu improvisierte Stücke, bei denen isländische Klänge produziert werden, ferner Kompositionen von Claudio Puntin im nordischen Stil.

 

16.15 Uhr Schlusswort