35. Kölner Island-Kolloquium (29.11.2008)
- Begrüßung durch den Präsidenten der Gesellschaft, Prof. Dr. Gert Kreutzer
Grußworte durch S.E. Ólafur Davíðsson, Berlin - Dr. Betty Wahl (Frankfurt):
Kann man eine Sprache „reinhalten“? Das Beispiel des Isländischen. - Dr. Christiane Stahl (Köln):
Alfred Ehrhardts Reise nach Island vor 70 Jahren und der Dokumentarfilm Die Natur vor
uns von Niels Christian Bolbrinker in Zusammenarbeit mit Christiane Stahl - Atli Heimir Sveinsson (Reykjavík):
Musik in Island, Tradition und Gegenwart
Atli Heimir Sveinsson: Klaviertrio Nr.1 und Nr. 3
Es spielt das Hyperion-Trio (Hannover): Hagen Schwarzrock, Klavier; Oliver Kipp, Violine;
Katharina Troe, Violoncello - Sveinbjörn Sveinbjörnsson: Klaviertrio in E-Moll
Es spielt das Hyperion-Trio (Hannover)
Leitung: Dr. Sverrir Schopka
Informationen zum Programm
Begrüßung durch den Präsidenten der DIG, Prof. Dr. Gert Kreutzer
Grußworte durch S.E. Ólafur Davíðsson, Berlin
Dr. Betty Wahl (Frankfurt)
Kann man eine Sprache „reinhalten“? Das Beispiel des Isländischen.
Betty Wahl, 1965 in Wiesbaden geboren, verbrachte ihre Schulzeit bei Gießen/Hessen und studierte Skandinavistik, Anglistik und Germanistik in Freiburg/Br. und Frankfurt am Main, daneben Arbeits- und Studienaufenthalte in Dublin, Glasgow und Reykjavík. 1997 Magisterabschluss an der Universität Frankfurt. 1999 erhielt sie ein dreimonatiges Forschungsstipendium des DAAD an die Háskóli Íslands, Reykjavík. Dissertation zum Thema „Sprachpurismus in Island“ (Abschluss der Promotion: 2007). Seit 2001 Lehraufträge am Institut für Skandinavistik der Univ. Frankfurt (Neuisländisch, Altnordisch) und am Nordkolleg Rendsburg. Seit 2001 selbständig als Literaturübersetzerin aus dem Isländischen und Norwegischen (letzte größere Übersetzung: Sjón. Schattenfuchs, 2007, dafür Aufenthaltsstipendium des Isländischen Schriftstellerverbandes, Rithöfundasamband Íslands, 2007). Lebt abwechselnd in Frankfurt und Reykjavík als Lehrbeauftragte und freie Literaturübersetzerin.
Zum Vortrag: Die Abneigung der Isländer gegen Fremdwörter und die legendäre „Reinheit“ des Isländischen sind mittlerweile relativ bekannt. Auch die Tradition, einheimische „Ersatzwörter“ zu bilden und in Umlauf zu setzen, wird bereits in jedem zweiten Island-Reiseführer als isländisches Kuriosum angeführt. In der Tat ist der isländische Sprachpurismus sprachlich, geschichtlich und gesellschaftlich gesehen ein markantes Phänomen. Sprachliches Selbstbewusstsein und die Bewahrung der Muttersprache haben in Island eine lange Tradition und basieren auf einer tief verwurzelten nationalen Ideologie; Sprachpflege ist gesamtisländisches Anliegen und damit ein Teil der isländischen Identität. Dies erklärt sich zum einen durch günstige historische und sprachstrukturelle Rahmenbedingungen, zum anderen durch die effektive Sprachpolitik des 20. Jahrhunderts. Besonders Interessant ist jedoch der Blick auf die isländische Gegenwartssprache, auf Erscheinungen und Tendenzen in Wortschatz und Sprachgebrauch und im modernen sprachlichen Alltag überhaupt – insbesondere seitdem digitale Kommunikationsformen wie Internet und E-Mail das sprachliche Leben dominieren. Was hat sich also in den 10-15 Jahren geändert, ist dabei sich zu ändern, wird sich in naher Zukunft ändern?? Welchen Stellenwert hat die Muttersprache heute im Selbstbild isländischer Sprecher? Gelingt es der modernen Sprachpolitik mit ihrer kreativen Neuwort-Technik, die Sprache den Anforderungen des Computerzeitalters anzupassen, ohne dabei den Kontakt zum literarischen Kulturerbe Islands zu verlieren? Oder wird sie im
Zeitalter von E-Mail, Chats und Weblogs ihre Rolle als nationales Identitätssymbol bald aufgeben müssen? Mit anderen Worten: “Isländisch“ – kann man eine Sprache (auch heute noch) reinhalten?
Dr. Christiane Stahl (Köln)
Alfred Ehrhardts Reise nach Island vor 70 Jahren und der Dokumentarfilm Die Natur vor uns von Niels Christian Bolbrinker in Zusammenarbeit mit Christiane Stahl
Christiane Stahl, 1963 in Mannheim geboren, studierte Kunstgeschichte an der Ecole du Louvre in Paris sowie Theater- und Filmwissenschaft an der FU Berlin. 1990 bis 1993 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Deutschen Historischen Museum Berlin, Dresdner Hygiene Museum und bei der Kunst- und Ausstellungshalle der BRD Bonn. 1996 bis 2000 hatte sie eine Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Galerie Karsten Greve in Köln, Mailand und Paris inne. Sie ist seit 2002 Leiterin der Alfred-Ehrhardt-Stiftung in Köln und war 2005 Co-Leiterin des Festivals ISLANDBILDER.
Seitdem hält sie Vorträge und veröffentlichte sie Publikationen auch zur zeitgenössischen Fotografie. 2006 wurde sie Mitglied des geschäftsführenden Vorstands der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) und 2007/08 mit dem Lehrauftrag für Photographie L. Fritz Gruber am Kunsthistorschen Institut der Universität zu Köln betraut.
Zum Vortrag: Als der Fotograf und Kulturfilmer Alfred Ehrhardt mit seiner Frau Lieselotte 1938 nach Island reiste, war eine solche Reise noch ein echtes Abenteuer. Ehrhardt brachte 600 Aufnahmen mit nach Hause und Material, aus dem der Film Nordische Urwelt (1941) hervorging. 1961 und 1962 folgten seine nächsten Reisen nach Island und Filme wie Gletscher und ihre Ströme oder Vulkanisches Antlitz, die auch heute noch von herausfordernder Modernität sind. Ehrhardts Blick auf die elementaren „Urlandschaften“ Islands bildet den Ausgangspunkt des 82-minütigen Dokumentarfilms Die Natur vor uns, den der Regisseur und Kameramann Niels Bolbrinker in Zusammenarbeit mit Christiane Stahl herstellte. Der Film zeichnet Alfred Ehrhardts Werk an den verschiedenen Orten der Entstehung nach und verknüpft Fotos und Ausschnitte aus dessen avantgardistischen Filmen der 1930er bis 1960er Jahre mit den heutigen Ansichten der landschaftlichen Motive, die für Ehrhardts Schaffen eine zentrale Rolle spielten. Bolbrinkers großartige Aufnahmen von Island, aber auch vom Norsee-Watt und von den Sanddünen der Kurischen Nehrung, heben die Bedeutung der Natur als andauernde Schöpfung hervor, deren hohen Wert für den Menschen Ehrhardt stets beschwor. Der Film untersucht unser heutiges Verständnis von Natur, die sich der Mensch als Erbauung und Ressource zugleich unterworfen hat. Das die Grenzen der Ausbeutung schnell überschritten sind und der Bestand der Arten und damit auch der Formenreichtum der „Künstlerin Natur“ gefährdet ist, daran haben bereits Künstler wie Alfred Ehrhardt erinnert. Christiane Stahl erzählt in ihrem Vortrag von der Genese des Films, von den Dreharbeiten in Island und zeigt Ausschnitte aus dem Film, der diesenHerbst durch die Programmkinos in Deutschland tourt und auf DVD erhältlich ist (www.alfred-ehrhardt-stiftung.de).
Atli Heimir Sveinsson (Reykjavík)
Musik in Island, Tradition und Gegenwart.
Atli Heimir Sveinsson, geboren 1938 in Reykjavík, erhielt mit zehn Jahren Klavierunterricht in der von Dr. Heinz Edelstein gegründeten Musikschule für Kinder. Ein Jahr später bestand er die Aufnahmeprüfung zum Konservatorium in Reykjavík. Unter Anleitung von Rögnvaldur Sigurjónsson erhielt er 1957 sein Diplom. Im Frühjahr 1958 machte er sein Abitur an dem Gymnasium von Reykjavík und nahm im nächsten Jahr sein Studium an der Staatlichen Hochschule für Musik in Köln auf. Bei Günter Raphael, Rudolf Petzold und Bernd Alois Zimmermann studierte er Instrumentation und
legte die Künstlerische Reifeprüfung 1962 ab. In diesen Jahren besuchte er auch die Darmstädter Ferienkurse. 1963 nahm er an den Kölner Kursen für neue Musik bei Karlheinz Stockhausen teil. Es folgte ein Jahr Aufenthalt in den Niederlanden, wo er bei Gottfried Michael König Unterricht in elektronischer Musik nahm. Seither lebt Sveinsson in Island. Er gründete eine Kompositionsklasse an dem Konservatorium in Reykjavík, brachte als freiberuflicher Produzent des isländischen Rundfunks u.a. populäre Programme zur Musikgeschichte heraus und hielt Vorlesungen an vielen amerikanischen und europäischen Universitäten. 1972 –83 war er Präsident des Isländischen Komponistenverbandes und 1974-76 des Nordischen Komponistenverbandes. 1993 wurde er in die Königliche Schwedische Musikakademie aufgenommen. 1980 gründete er die Dunklen Musiktage, ein Festival für ausländische Musik der Gegenwart. 1976 wurde Sveinsson für sein Flötenkonzert mit dem Nordischen Musikpreis ausgezeichnet. Sveinssons Werkverzeichnis enthält fünf Opern, sechs Sinfonien, zehn Solokonzerte, das Oratorium Zeit und Wasser nach der Dichtung von Steinn Steinarr; ferner Kammermusiken, Chorwerke und zahlreiche Lieder, z. B. nach Gedichten von Jónas Hallgrímsson und Davíð Stefánsson. An Schauspielmusiken hat er u.a. für das Nationaltheater eine Partitur zu „Sein eigener Herr“ von Halldór Laxness geschrieben (1999).
Zum Vortrag: In seinem einleitenden Kurzvortrag wird Sveinsson auf die Merkmale der isländischen Musik hinweisen und zeigen, wie die weitere Entwicklung sowohl durch die Tradition als auch durch moderne Strömungen beeinflusst wird.
Atli Heimir Sveinsson: Klaviertrio Nr.1 und Nr. 3
Sveinbjörn Sveinbjörnsson: Klaviertrio in E-Moll
Es spielt das Hyperion-Trio: Hagen Schwarzrock, Klavier; Oliver Kipp, Violine; Katharina Troe, Violoncello
Das Hyperion-Trio hat seit seiner Gründung 1999 mit zahlreichen Konzerten im In- und Ausland gastiert und bereits im Jahr 2001 den Internationalen Johannes-Brahms-Wettbewerb für Kammermusik gewonnen. Das Trio führt regelmäßig selbst konzipierte Konzertzyklen in Hannover, Leipzig und Magdeburg auf. Die Werke des im Jahr 2004 in diesen Städten aufgeführten Robert-Schumann-Zyklus mit Klaviertrios von Robert und Clara Schumann, Johannes Brahms, Franz Schubert, Felix Mendelssohn Bartholdy und Franz Liszt sind im Juni 2006 auf vier CDs bei Thorofon/Bella Musica erschienen. Im Frühjahr 2007 war das Hyperion-Trio eingeladen, in Reykjavík das zweite Klaviertrio von Atli Heimir Sveinsson uraufzuführen. Eine Aufnahme seiner ersten beiden Klaviertrios und des dritten „Geheimnisse“ – dem Hyperion-Trio gewidmeten – Trios aus dem Jahr 2008 wird Ende 2008 bei cpo erscheinen. Hagen Schwarzrock, geboren 1971 in Hildesheim, Studium an der Musikhochschule Hannover bei Martin Dörrie und Karl-Heinz Kämmerling, an der Musikhochschule Freiburg bei Vitaly Margulis und bei Tibor Szasz sowie an der Leipziger Musikhochschule bei Christoph Taubert. Gewinn des 4. Internationalen Johannes-Brahms-Wettbewerbs für Klavier und des Blüthner-Wettbewerbs in Leipzig. Lehrauftrag für Kammermusik und Liedbegleitung an der Hochschule „Felix-Mendelssohn-Bartholdy“ in Leipzig. Oliver Kipp, geboren 1969 in Hildesheim, Studium an der Musikhochschule Hannover bei Atila Aydintan und an der Hochschule der Künste in Berlin bei Thomas Brandis. Preisträger des Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Wettbewerbs und des Ibolyka-Gyarfas-Wettbewerbs. Seit 1998 Stimmführer der 2. Violinen der NDR Radiophilharmonie in Hannover. Dozent des „European Union Youth Orchestra“. Er spielt eine Violine von Joseph und Antonio Gagliano aus dem Jahre 1790. Katharina Troe, geboren 1970 in Göttingen, Studium an der Musikhochschule Karlsruhe bei Martin Ostertag, bei Amedeo Baldovino an der Scuola di musica di Fiesole und bei Claus Kanngiesser an der Musikhochschule Köln. 1998 Parke-Davis-Preis, 2002 Premio F. Calcaviello. Lehrtätigkeit an der Scuola di musica di Fiesole, Lehrauftrag an der Musikhochschule Köln. Sie spielt ein Instrument von Carlo Antonio Testore aus dem Jahr 1721.